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Broschüre zur Stiftung

 

Eine Stiftung stellt sich und ihren Stifter vor.
Herausgegeben von der Stiftung Joseph Breitbach und der Akademie der Wissenschaften und der Literatur • Mainz. Mainz 1998.

Autor und Mäzen

 

In diesem Jahr kommt zum ersten Mal der Joseph-Breitbach-Preis zur Verleihung. Dies gibt Anlaß, des zu Unrecht etwas in Vergessenheit geratenen Schriftstellers und Mäzens zu gedenken. Der Schreibende hatte den Vorzug, Joseph Breitbach während vieler Jahre zu kennen und zu sehen und findet, daß Fritz J. Raddatz mit den ersten Sätzen in seinem Nachruf in Die Zeit Breitbach ausgezeichnet charakterisierte: „Der letzte Grandseigneur. Er war ein Herr. Und ein guter Schriftsteller.“

In der Tat war es jedes Mal ein Vergnügen, Breitbach zu sehen, speziell bei ihm zu Hause. Denn er war nicht nur Schriftsteller, sondern auch Kunstkenner und umgeben von ausgewählten Bildern, Zeichnungen und Skulpturen. Der Grandseigneur war auch ein Mann von Welt, welcher zu leben verstand, und Küche und Keller waren bei ihm von höchster Qualität. Im Gegensatz zu manchen seiner Berufskollegen war er gar nicht introvertiert, sondern seine Konversation sprühte und erstreckte sich von Kunst über Literatur bis zur Politik. Und noch etwas zeichnete Breitbach aus: Er hatte immer Zeit und ein offenes Ohr für alle Anliegen. Aber nicht nur ein offenes Ohr, sondern auch eine offene Hand. Viele Kollegen, jedoch auch Ausübende in der bildenden Kunst, hat er unterstützt, ohne großes Aufheben und ohne, daß er Dank erwartete.

Seine große Gabe, Ereignisse vorauszusehen, half ihm bei der Anlage seines Vermögens. Mit einer den Bankier verblüffenden Treffsicherheit wählte er Wertschriften zur Anlage aus und verkaufte sie wieder im richtigen Moment. Durch sein Handeln vermehrte er sein Vermögen, was dem Lehrersohn die materielle Handlungsfreiheit ermöglichte.

Sein letzter Wunsch, einen bedeutenden Literaturpreis zu schaffen, ist eine logische Folge seines schon zu Lebzeiten ausgeübten Mäzenatentums. Sehr typisch für ihn ist die Vorschrift, daß nur eine Akademie, die nicht unter Kontrolle eines totalitären politischen Systems steht, die Preise verleihen darf; denn Freiheit im Denken und Handeln war für ihn eine unabdingbare Forderung.

Nicolas J. Bär

Präsident der Stiftung Joseph Breitbach, von Inkrafttreten der Stiftung 1997 bis 2010

Der Joseph-Breitbach-Preis der Akademie der Wissenschaften und der Literatur

Am 24. Oktober 1977 formulierte Joseph Breitbach in letzter, endgültiger Fassung seinen Willen, einen Preis für deutschsprachige Schriftsteller zu stiften, der jährlich von der von ihm eingerichteten Stiftung in Zusammenarbeit mit der Akademie der Wissenschaften und der Literatur, Mainz, ausgerichtet werden sollte. Warum hat Joseph Breitbach die Akademie in Mainz mit dieser Aufgabe betraut, und welche Vorstellung hat die Akademie, wenn sie den Preis ausrichtet?

Es bleibt Breitbachs Geheimnis, warum er die Akademie mit dieser Aufgabe betraute; aber bei näherem Zusehen lassen sich doch Gründe für seine Entscheidung finden. Die Akademie in Mainz ist unter den sieben deutschen Akademien der Wissenschaften die einzige, die neben der Mathematisch-naturwissenschaftlichen und der Geistes- und sozialwissenschaftlichen Klasse auch eine Klasse der Literatur besitzt. Bei der Gründung dieser Sozietät nach dem Vorbild der Preußischen Akademie der Wissenschaften im Jahre 1949 hatte vor allem Alfred Döblin die Gelegenheit ergriffen, auch den Dichtern und Schriftstellern Raum zu geben, in dem sie nun zusammen mit den Vertretern von Natur- und Geisteswissenschaften in Vorträgen, Diskussionen, aber auch in literarischen Projekten wirken konnten. Das Verzeichnis der Mitglieder dieser Klasse der Literatur zeigt ein breites Spektrum von ganz unterschiedlichen und verschieden orientierten Literaten, die sich in der Akademie zusammenfanden. Joseph Breitbach, dessen aufgeschlossener Sinn Verbindung mit den Literaten seiner Zeit suchte, hatte, obwohl selbst nicht Mitglied der Akademie, vielfältigen Kontakt zu den Mitgliedern der Klasse der Literatur. So hat er in seinem Briefwechsel mit Hans Erich Nossack viele literarische Probleme, aber auch Fragen der Förderung des literarischen Lebens angesprochen. In Paris begegnete er Robert Minder, seit 1951 Mitglied der Akademie in Mainz, mit dem zusammen er intensiv bemüht war, den deutsch-französischen Dialog in Gang zu bringen. Schon 1933 war er mit Annette Kolb zusammengetroffen, auch sie von der Gründung der Akademie im Jahre 1949 an Mitglied; auch die intensiven Kontakte zu Hans Bender, der 1975 bei der Verleihung des Kunstpreises des Landes Rheinland-Pfalz an Breitbach die Laudatio hielt, sind Zeichen der Verbindung, die für Breitbach zur Akademie in Mainz gegeben war. Aus solcher Nähe erklärt sich leicht, daß Breitbach diese Akademie auswählte, als er nach einer Institution suchte, die seine Förderabsichten umsetzen könnte. Sicher wird man auch nicht unterschätzen dürfen, daß für den in Koblenz geborenen Mäzen die in Mainz an der Rheinschiene gelegene Akademie ein gewisses Heimatgefühl erwecken konnte.

Bei der Mitarbeit in der Jury und der Ausrichtung des Preises kann die Akademie sich nur leiten lassen von den Vorstellungen, die den Stifter selbst bewegten und über die er sich gelegentlich geäußert hat. Die Förderung der Künstler, Literaten wie Musiker und Maler, hat Breitbach immer als Aufgabe angesehen und dabei die Verpflichtung empfunden, auch materielle Not und Bedrückung nach seinen Kräften zu lindern. Die von Breitbach entworfenen Statuten berücksichtigen auch die Möglichkeit, junge Schriftsteller zu fördern und zu unterstützen. Damit fügen sich die Vorstellungen Breitbachs nahtlos in eine Aufgabensetzung, welche die Akademie als verpflichtend empfindet. Die in der Satzung der Akademie niedergelegte Forderung, der Pflege der Wissenschaften und der Literatur zu dienen und auf diese Weise für die Bewahrung und Förderung der Kultur zu wirken, wird die Akademie nun hinsichtlich der Literatur auch durch die Möglichkeiten erfüllen, die ihr aus der Stiftung Joseph Breitbach zuwachsen. Wie beim wissenschaftlichen Nachwuchs so wird ein besonderes Augenmerk auch den jungen Literaten zugewandt werden. Hier wie dort hat Goethes Wort Geltung: „ ... fördern, und das ist’s, worauf im Leben alles ankommt“. Nicht schielt die Akademie auf andere renommierte Preise, um in Konkurrenz zu treten; der Wettbewerb sollte nur der Förderung der Sache und der an ihr engagierten Künstler dienen. Wenn wir dazu die uns gegebenen Möglichkeiten nutzen, glauben wir, der Intention und zugleich dem Andenken Joseph Breitbachs gerecht zu werden.

Clemens Zintzen

Präsident der Akademie der Wissenschaften und der Literatur, Mainz

Anmerkungen zur Stiftung

Im Sommer 1968 hatte Joseph Breitbach während eines Aufenthalts in der Normandie einen ersten Herzinfarkt erlitten. Ende des gleichen Jahres hat er einen Teil seines Vermögens in eine liechtensteinische Stiftung eingebracht, die 1998, also dreißig Jahre nach der Gründung, zum ersten Mal den Joseph-Breitbach-Preis verleihen wird.

In der ersten Fassung des Reglements zu seiner Stiftung hatte Joseph Breitbach für die Vergabe des Preises vier verschiedene Literaturgattungen präzise festgelegt. Vorgesehen waren: Roman, Theater, Dichtung und Sachbuch. Für diese Kategorie nannte Breitbach als Beispiel Autoren im Rang von Ricarda Huch oder Golo Mann. In einer späteren Fassung hatte Breitbach empfohlen, auch Übersetzer bei der Verleihung des Preises zu berücksichtigen. Wahrscheinlich hat er dabei an seinen Freund Elmar Tophoven gedacht.

Entsprechend der letzten und heute gültigen Fassung von Breitbachs Vermächtnis vom 24. Oktober 1977 hat der Stiftungsrat beschlossen, den Joseph-Breitbach-Preis an „deutschsprachige Schriftsteller“ zu vergeben und dabei keine Literaturgattung auszuschließen. Der Preis kann also an Dichter, Theaterautoren und Romanciers verliehen werden, aber auch an Übersetzer, Essayisten, Kritiker und Sachbuchautoren, Journalisten und Verfasser von Drehbüchern. Mit einem Wort: an deutschsprachige Autoren.

In Breitbachs literarischem Nachlass ist nicht ein einziger Hinweis auf die Stiftung zu finden. Im Oktober 1977, als er die heute gültige Fassung festlegte, war Breitbach in Paris.

Die wenigen, die ihn noch kannten, wissen es, und die, die ihn nicht kannten, können es nachlesen: Für Breitbach zählte allein die literarische Qualität eines Buchs, eines Werks, eines Autors. Im Gegensatz zu vielen seiner Zeitgenossen hatte er keine ideologischen Scheuklappen, wenn es um Literatur und Kunst ging. Herkunft, Werdegang, Beruf, politische Vorlieben oder persönliche Abneigungen spielten keine Rolle. Wenn Breitbach ein Buch beurteilte, dann zählte einzig die literarische Qualität.

In Frankreich wie in Deutschland hat Breitbach Zeit seines Lebens Schriftsteller und literarische Zeitschriften finanziell unterstützt. Seine Neugier auf Lektüre, seine Lust am Lesen und seine Begeisterung für Literatur waren sprichwörtlich.

Mit seiner Stiftung setzt Joseph Breitbach konsequent das fort, was ihm schon zu Lebzeiten eine Herzensangelegenheit war: Literatur und Schriftsteller zu fördern.

Jury, Akademie und Stiftung vergeben den Preis entsprechend Breitbachs Intentionen.

Wolfgang Mettmann
Verwalter des literarischen Nachlasses

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